WoGe - Wege ohne Gewalt

 Wege  ohne  Gewalt Göttingen

Täterarbeit mit Stalkern: Stalking - Intervention

Verantwortungstraining zum Stopp der Nachstellung

Das Wort „Stalking“ kommt ursprünglich aus der Jägersprache und bedeutet „auf die Pirsch gehen“. Wir verstehen unter Stalking die wiederholten und andauernden Versuche des Stalkers, auf unterschiedlichste Art und Weise Kontakt zu seinem Opfer aufzunehmen, obwohl dieses einen solchen Kontakt nicht wünscht. 
Dazu gehören das wiederholte, willentliche und andauernde Kontrollieren, Verfolgen, Belästigen, Nachstellen und Auflauern einer Person, bis hin zur Ausübung von körperlicher Gewalt.

Ex-Partner - Stalking
Auch wenn jeder Mensch Opfer von Stalking werden kann und sich Opfer und Täter nicht notwendigerweise kennen müssen, sind nach bisherigen Erkenntnissen am häufigsten Personen betroffen, die eine Beziehung oder Ehe mit dem Täter beendet oder einen Beziehungswunsch des Täters zurückgewiesen haben ("Trennungsstalking" oder "Ex-Partner-Stalking" in 50-75% aller Stalking Fälle, je nach Studiendesign). In etwas 1/5 aller Stalking - Fälle kommt es zur Gewaltanwendung.

Betroffene
von Stalking sind meist massiv in ihrer persönlichen Integrität verletzt. Die einzelnen Handlungen, die beobachtet werden können, scheinen dabei oft nur Bagatellen darzustellen, welche häufig schwer beweisbar sind und dadurch ein starkes Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühl beim Opfer hervorrufen. Stalking–Opfer leiden unter massiven gesundheitlichen und emotionalen Beeinträchtigungen, oft von lebenszeitlicher Dauer. Nach einer Studie von (Sheridan & Hoffmann; 2005) sind Dritte regelmäßig direkt oder indirekt von Stalking betroffen, laut Studie sind das 21 Personen neben dem primären Opfer.
In 23% aller Fälle sind demnach die eigenen Kinder mitbetroffen. Dabei können Kinder primär, also direkt bedroht und verletzt werden, als auch sekundär, um bspw. über sie Kontrolle über die (Ex-)Partnerin zu erlangen oder sie auszuhorchen (z.B. Pathé & Mullen, 2002).

Strafrecht
Seit dem 31.03.2007 ist durch den § 238 StGB ein Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellung in Kraft getreten. Damit läßt sich erstmals in Deutschland der Straftatbestand von Stalking rechtlich definieren.

Verantwortungstraining zum Stopp der Nachstellung
In unserer Arbeit mit Stalkern bieten wir eine notwendige Ergänzung zu bestehenden juristischen, polizeilichen und therapeutischen Maßnahmen zum Schutz der Opfer. 
Die In-Verantwortung-Nahme des Täters kann nachhaltige Veränderungen bewirken: 
Der Täter ist derjenige, der in die Lage versetzt werden muss, aufzuhören mit seinem gewalttätigen Verhalten.

Zielgruppe
Stalker, also Menschen, die einer anderen Person nachstellen, diese beobachten, sie kontrollieren, unerwünscht Kontakt zu ihr aufnehmen und/oder körperlich angreifen. 
Aus Sicht von Stalking-Tätern ist deren wiederholtes Handeln sogar gerechtfertigt und es gibt zunächst wenig Einsicht und Verantwortungsübernahme für die eigenen gewalttätigen Handlungen und Folgen des Stalkings. Oft wird jede Reaktion der Betroffenen als Beziehungsangebot oder zumindest als „Erfolg“ im Sinne des Stalkers interpretiert. Dabei wird gerne eine eigene Opferrolle kreiert, welche sich aus Kränkungen, Verletztsein, Eifersucht, Verlassensängsten, Kämpfen um die Beziehung oder die Kinder, aber auch durch Ablenkung und Projektionen speisen können.  

Unsere Arbeitsweise
Wir arbeiten ressourcen- und lösungsorientiert, damit der Täter seine eigene Gestaltungsfähigkeit und Lebensführung  jenseits seiner gewalttätigen Fixierungen wiedererlangt. 
Ein „stalkender“ Mensch schränkt sich selbst durch sein Denken, Fühlen und Verhalten in seiner Lebensgestaltung massiv ein. Wir tragen dazu bei, sich dies bewusst zu machen, selbst Verantwortung zu übernehmen und gewaltfreie Bewältigungs- und Handlungsstrategien zu entwickeln.

Dabei nimmt die Rückfallprävention einen zentralen Stellenwert in der Stalking-Intervention ein. Nach einer genauen Auflistung der Rückfallsbedingungen und der Rückfallssignale erfolgt die individuelle Planung von Bewältigungsschritten, mit denen jede aufkommende Neigung zur Belästigung oder Verfolgung anderer Personen unmittelbar unterbrochen werden kann.

Zugangswege
Sie können sich aus eigener Initiative als Selbstmelder jederzeit bei uns melden (unter Wahrung der Anonymität).

Bei zugewiesenen Personen arbeiten wir in Kooperation mit allen beteiligten Institutionen zusammen. Dazu gehören u.a. Straf- und Familiengerichte, aber auch Jugendämter und Staatsanwaltschaft.

Rufen Sie uns an! Wir vereinbaren ein oder mehrere Erstgespräche zur Bestandsaufnahme.

Ablauf
Dauer der Maßnahme: 6 – 12 Monate.
Finanzierung: Teilnahmebeiträge werden nach Höhe des Einkommens erhoben.
Erstgespräche sind kostenfrei.
Zunächst erfolgt Einzelberatung, später nach Möglichkeit Gruppenarbeit (fallabhängig).

Voraussetzung
Die klare Verantwortungsübernahme und Vereinbarung eines sofortigen Stopps des Stalkings sowie die Unterzeichnung einer Schutzerklärung. Dies wird alles im Teilnahmevertrag schriftlich zu Beginn vereinbart.

Zugangsvoraussetzung und Inhalte
Die Inhalte richten sich nach den Ergebnissen des Arbeitskreises "Trennungsstalking" der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt.

  • Erstgespräch mit Verantwortungsübernahme, Teilnahmeregelungen und Schutzerklärungen
  • Eingangsanamnese - 1 bis 3 Sitzungen

    Training:
  • Klärung der Regeln, Erwartungen, Ziele
  • Gewaltdefinition, Gewaltformen, Einordnung von Stalking
    Auswirkungen von Gewalt und Stalking
  • Soziales Umfeld, Genogramm, Biografie, Netzwerke, Freundschaften
  • Umgang mit Gefühlen: welche Gefühle gibt es? Gefühle wahrnehmen und ausdrücken, Umgang mit unerwünschten Gefühlen, Umgang mit Wut und Angst
  • Selbstsicherheit?
  • Macht und Kontrolle
  • Kommunikation
  • Gender: Männerbilder, Frauenbilder, Vaterrolle
  • Persönliche Ressourcen, Lebensperspektiven
  • Abschlussgespräch, Selbstevaluation, Zielkontrolle und Ausblick
  • Follow-Up